Eine elegante und wirksame Methode der Beeinflussung: Priming.
Der Priming-Effekt: Was ist Priming, welche Vorteile bietet Priming?
Der Begriff Priming stammt aus der Psychologie und bezeichnet das Vorbereiten eines Reiz-Reaktions-Schemas. Man kann das Phänomen mit Anbahnung, Vorbereitung übersetzen. Besonders häufig kommen Primingeffekte und die daraus folgenden Verhaltensweisen in der Neurolinguistischen Programmierung (NLP) zum Einsatz. Für Marketing-Fachleute ist der Effekt des Priming ebenfalls interessant. Wir erklären, was dahinter steckt und wie Sie den Primingeffekt nutzen können.
Die Väter des Primings: Siegmund Exner und John Bargh – ein Blick in die Geschichte des Primings
Der österreichische Physiologe Siegmund Exner hat sich bereits im Jahr 1894 mit dem Prinzip der Bahnung beschäftigt. Er beschrieb die Zusammenhänge von Gedächtnis, Assoziationen und Wahrnehmungen. Dabei stellte er fest: Je häufiger bestimmte Leistungen wiederholt werden, umso flüssiger ist der Ablauf. In zahlreichen Studien erforschte er, wie sich im Gehirn Verbindungen aufbauen. Die aktuelle Psychologie und Gehirnforschung bestätigte Exners Thesen, die Idee eines neuronalen Netzwerks gilt mittlerweile als erwiesen.
Der amerikanische Psychologe John A. Bargh forschte weiter und zeigte, wie sich das Verhalten durch bestimmte Trigger beeinflussen lässt.
Priming-Experiment von John A. Bargh
Er führte 1996 ein Experiment mit zwei Versuchsgruppen durch. Dabei verwendete er Wortlisten, die sich mit zwei gegensätzlichen Inhalten beschäftigten. Die erste Gruppe erhielt eine Liste mit Wörtern, die sich mit dem Thema “alt” befassten, also etwa Stock, vergesslich, Glatze, Falten. Die zweite Gruppe bekam eine Liste mit Begriffen, die allgemein mit “jung” assoziiert werden, zum Beispiel Party, Sport, spontan, gelenkig. Wichtig war dabei, dass die eigentlichen Schlüsselbegriffe “alt” und “jung” nicht auftauchten. Aus den Wörtern der Listen sollten die Teilnehmer Sätze bilden und anschließend den Versuchsraum verlassen. Es stellte sich heraus, dass die “alt”-Gruppe wesentlich länger brauchte und eine langsamere Gangart an den Tag legte als die “jung”-Gruppe.
Und noch ein weiteres Priming-Experiment …
Ein weiterer Versuch mit einem Wortumfeld basierte auf Wörtern, die Eigenschaften wie “Zeit haben, warten, geduldig sein” implizierten. Die Probanden sollten daraus Sätze bilden und die Ergebnisse dem Versuchsleiter persönlich zu übergeben. Die Aufgabe an sich war einfach, der Hintergrund jedoch war nicht, möglichst kluge Sätze zu bilden. Vielmehr konnte das Experiment verdeutlichen: Der Versuchsleiter unterhielt sich mit einem anderen Professor. Mehr als 80 Prozent der teilnehmenden Studenten waren durch die Wörter so beeinflusst, dass sie das Gespräch nicht unterbrachen, sondern warteten. Eine Unterbrechung wäre ihnen unhöflich erschienen. Die unterschwelligen Botschaften führten dazu, dass die Versuchsteilnehmer auf das Assoziationsfeld “Geduld” geprimt wurden. Daraus lässt sich ableiten, dass es sich bei Priming um eine mehr oder weniger sanfte bis starke Manipulation handelt.
Die detaillierten Ergebnisse und Erkenntnisse von John Bargh und den beteiligten Psychologen Mark Chen und Lara Burrows lassen sich in “Automaticity of Social Behavior: Direct Effects of Trait Construct and Stereotype Activation on Action”, erschienen im Journal of Personality and Social Psychology 71, nachlesen.
So erzielen Sie Priming-Effekte
Um Priming Effekte zu erzielen, eignen sich viele Arten von Reize. Möglich sind Texte, Videos und Filme, aber auch Musik und Gerüche.
Sie können sich selbst primen, und zwar positiv, aber auch negativ.
Ein Beispiel für das Self-Priming
Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Wenn Sie sich gedanklich darauf vorbereiten, haben Sie zwei Möglichkeiten. Sie gehen entweder davon aus, dass die Herausforderung kompliziert ist, aber Sie haben Erfahrung, Sie kennen sich aus, ähnliche Aufgaben haben Sie schon oft bewältigt. Oder Sie nehmen bereits im Vorfeld an: Klappt ja doch nicht. Klingt nach Küchenpsychologie? Machen Sie den Selbstversuch! Positives Priming funktioniert als mentales Training bei Sportlern, Musikern und Schauspielern sehr gut. Und wenn ein positiver Effekt eintritt, ist eine negative Wirkung natürlich ebenfalls möglich.
So primen Sie sich selbst – wenn, dann aber bitte: positiv! Self-Priming.
Gerade eben haben wir geschrieben, dass Sie sich selbst primen können. Sie können sich selbst also beeinflussen. Und wenn Sie das machen, dann sollte das positiv sein.
Also, nachfolgend einige Vorschläge für das Self-Priming:
- Durchleben Sie positive Erinnerungen nochmal!
- Arbeiten Sie an der Wortwahl. Verwenden Sie nur positive Wörter. Also, das Glas ist nicht halb lehr, sondern es ist halb voll.
- Überlegen Sie, wofür Sie alles dankbar sein können und dann sollte sie auch dankbar sein und auch danke sagen!
- Nutzen Sie positive Affirmationen, z.B. “mir geht es gut”, “ich bin erfolgreich”, …
Insgesamt erhalten Sie durch solche Vorgehensweise eine andere Kalibrierung. Sie kalibrieren sich selbst positiv und ziehen erfahrungsgemäß auch das Positive an! Zahlreiche Experten sagen, dass man das cirka an 21 aufeinanderfolgenden Tagen konsequent durchziehen soll. Dann sollte die positive Kalibrierung oder Self-Priming Erfolge zeigen.
Unterschiedliche Formen des Priming-Effekt – Manipulation durch Reize
Semantisches Priming
Semantisches Priming nutzt bestimmte Wörter oder Wortfelder. Damit werden Assoziationen aktiviert, die einen Einfluss auf Verhaltensweisen oder Meinungen haben. Besonders häufig kommen diese Primingeffekte in der Werbung vor, explizit in Wahlwerbung.
Beispiele für semantisches Priming: Sommer, Sonne, Meer. Diese Wörter passen semantisch zusammen und werden gemeinsam assoziiert.
Response Priming
Beim sogenannten Response Priming werden die Reize kaum mehr wahrgenommen, die Reaktionen müssen sehr schnell erfolgen. Am besten erklärt sich diese Form mit einer Folge von Fragen, die eine suggestive Wirkung haben. Fragen, die alle die gleiche Antwort haben, führen zu einem gewollt falschen Ergebnis.
Ein sehr typisches Beispiel für das Response-Priming ist das folgende:
Frage: Welche Farbe hat Schnee?
Antwort: „Weiß.“
Frage: Welche Farbe hat die Wand?
Antwort: „Weiß.“
Frage: Welche Farbe haben Wolken?
Antwort: „Weiß.“
Frage: Was trinkt die Kuh?
Antwort: „Milch.“ (das ist falsch!)
Die letzte Antwort ist falsch. Aber logisch. Schnee, Wände und Wolken sind in der Regel weiß. Die Kuh produziert Milch, welche auch weiß ist. Das bedeuted aber nicht, dass die Kuh Milch drinkt!
Medienpriming
Medienpriming nimmt aktuell laufend zu. Ein typisches Beispiel ist die Filterblase, in der sich Mediennutzer überwiegend bewegen. Ständig wiederholte Botschaften erzeugen den Eindruck, wahr zu sein – auch wenn es sich tatsächlich um Fake News und bewusst falsche Informationen handelt.
Medienpriming und “Die Angst der Woche”
Vielleicht kennen Sie das Buch “Die Angst der Woche” von Prof. Dr. Walter Krämer. Er doziert an der Universität Dortmund und hat vor Jahren damit begonnen, am Schwarzen Brett der Uni Meldungen aus den Medien zu veröffentlichen. Ein Beispiel dafür ist z.B. “Achtung Kokosnüsse – weltweit werden jährlich mehr als 100 Menschen durch herabfallende Kokosnüsse erschlagen”. Na ja. Es sind nicht viele Menschen, die durch Kokosnüsse erschlagen werden. Die Betonung “weltweit” lässt vermuten, dass das überall sein könnte. Also könnte es sein, dass Sie morgen das Haus verlassen und von einer Kokosnuss erschlagen werden?! Wo wachsen Kokosnüsse?
Affektives Priming
Direkt auf Gefühle und daraus resultierende Handlungen zielt affektives Priming ab. Musik, Bilder und Gerüche sind die bevorzugten Mittel für affektives Priming. Diese Vorbereitungsreize werden anschließend auf eine davon, eigentlich unabhängige, Situation übertragen.
Priming im Marketing
Wie bei jedem psychologischen Trick kommt es auf die Dosierung an. Wenn Sie Priming in der Werbung und im Marketing einsetzen möchten, gehen Sie nicht plump vor. Nehmen wir an, Sie schreiben ein Werbemail. Ja, darin sollen Triggerwörter vorkommen. Sie möchten, dass Ihre potenziellen Kunden kaufen. Aber erschlagen Sie die Mailempfänger nicht mit Worten wie “günstig, billig, einmalig, nur noch wenige Exemplare, letzte Gelegenheit”. Setzen Sie lieber auf subtile Reize, auf die effiziente Verbindung eines guten Gefühls und eines echten Nutzens. Eine sanfte, unaufdringliche Vorgehensweise ist oft wirkungsvoller als eine übertriebene Strategie!
Ein erfolgreiches Beispiel für Priming im Bereich Marketing ist Redbull mit dem Spruch “Redbull verleiht Flügel!”. Dieser Slogan vermittelt ein Gefühl und ein Bild. Das Gefühl der Leichtigkeit und das Bild von “Flügeln”. Es ist ein sehr gutes Beispiel für die subtile Manipulation von Verbrauchern und auch für den Aufbau einer Marke.
Die Macht des Priming
Schauen wir uns nochmal das genannte Beispiel des Response-Priming an:
Frage: Welche Farbe hat Schnee?
Antwort: „Weiß.“
Frage: Welche Farbe hat die Wand?
Antwort: „Weiß.“
Frage: Welche Farbe haben Wolken?
Antwort: „Weiß.“
Frage: Was trinkt die Kuh?
Antwort: „Milch.“ (das ist falsch!)
Die überwiegende Mehrheit wird wirklich antworten, dass die Kuh Milch trinkt. Der Grund: Milch ist mit der Farbe weiß und die Kuh mit Milch eng verbunden. Und hier sieht man sehr deutlich, wie unsere Gedanken gelenkt weden können. Das Wissen um solche Mechanismen schützt uns nicht, kann uns aber achtsam machen. Achtsam sollten wir alle sein.
Priming in einem Movie mit Will Smith “Focus”
Will Smith spielt im Movie “Focus” einen Trickbetrüger. Sehen Sie sich den Ausschnitt an, bei dem es um Priming geht. Der Effekt ist verblüffend.

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Im Video lässt sich Will Smith auf eine sehr riskante Wette mit seinem “Gegner” ein, nachdem er zuvor alle Spiele gegen diesen verloren hat. Schließlich fühlt sich sein Gegner dementsprechend sicher. In dieser Wette fordert er seinen Gegner auf, sich eine beliebige Nummer eines Football-Spielers im Stadion zu wählen. Falls er die Nummer erraten sollte gewinnt er, wenn nicht, würde er alles verlieren. Selbstverständlich gewinnt er. Die Erklärung dazu sehen Sie in diesem Videoausschnitt. Perfektes Priming kann man da nur sagen!